Rotkäppchen, Antikapitalistische Version

Es war einmal vor ungefähr 10 Jahren eine hübsche junge Thälmann-Pionierin, die zum Beweise ihrer sozialistischen Gesinnung immer eine rote Mütze trug, weswegen sie allerorts Rotkäppchen geheißen. Eines Tages sprach die Mutter zu Rotkäppchen:"Liebes Kind, komm geh' und besuche die Großmutter in ihrem Plattenbau im Walde. Die arme Frau ist krank und so bringe ihr Wein und Zigarren aus der Volksrepublik Kuba auf daß sie sich wieder erhole!" Das Kind zog sich das Blauhemd und das gelbe Pionierhalstuch an, setzte die rote Kappe auf, nahm den Plastegeschenkkorb und machte sich auf den Weg. Der Weg zum Wald führte sie entlang der Leninallee. Dort traf sie den Parteisekretär und sie begrüßten einander mit sozialistischem Gruße. Am Ende der Straße angekommen, bog sie in den Wald. Der Wald war kalt und dunkel und zu Anfang fürchtete sie sich ein bißchen. Aber da ein guter Pionier keine Furcht haben durfte, riß sie sich zusammen. Wie sie so des Weges ging, wurde sie hinter einem Baume vom bösen Wolf beobachtet. Dieser war ein Erzkapitalist übelster Sorte und nur auf seinen Profit aus."Da ist ja ein neues Opfer", dachte der Wolf "vielleicht kann ich sie ausbeuten und mein Privateigentum mehren!" Sogleich trat der Wolf hinter dem Baume hervor...

"Allzeit bereit, mein schönes Kind!" sagte der Wolf. Das Rotkäppchen erwiderte den Pioniergruß und ahnte ob der ordnungsgemäßen Anrede nichts Böses. "Was hast Du denn da in Deinem Körbchen liebes Kind ?", frug der Wolf "Gutes aus dem HO?". "Ich will die Großmutter im Plattenbau im Walde besuchen und ihr ebbes zu Essen zu bringen, da sie krank.", antwortete das Kind. "Dann hast Du sicher keine Zeit, mit in den Jugendclub zu kommen ?". "Nein, das geht nicht.", sagte Rotkäppchen. Der Wolf grinste und verschwand. Das Kind setzte daraufhin seinen Weg fort. Unterdessen ging der heimtückische Kapitalist zum Hause der Großmutter. Er kaufte das Objekt mit Westmark auf und warf die arme alte Frau aus der Wohnung. Eine halbe Stunde später kam das Rotkäppchen an. Es klingelte und der Türsummer öffnete dieselbige. Das Kind ging in die Wohnung und lief zum Schlafzimmer. Dort lag die Oma im Bett, doch sie wirkte ebbes verändert. "Aber Großmutter, warum hast Du denn so große Augen ?", frug sie. "Damit ich besser die Aktuelle Kamera sehen kann !", kam die Antwort. "Warum hast Du denn so große Ohren ?". "Damit ich besser Radio DDR hören kann !" "Und warum hast Du einen Kaufvertrag in der Hand ?". "Damit ich Dir den Korb wegnehmen und Dich aus der Wohnung werfen kann !" Sogleich sprang der Wolf aus dem Bett und tat ebendieses. Nun saßen unsere Pionierin und die Oma auf der Straße. Da kam der Genoße Förster vorbei und frug, was vorgefallen. "Ein hintertückischer Imperialist hat das Haus gekauft, mich bestohlen und uns aus dem Hause geworfen !", sagte das Kind. "So etwas darf in unserem sozialistischen Vaterland nicht vorkommen !" rief der Förster und eilte nach Hause, um die Volkspolizei zu alarmieren. Nach einer Viertelstunde trafen NVA und Staatssicherheit am Orte ein. Der Wolf wurde verhaftet und in die Normannenstraße in der Hauptstadt der DDR gebracht, das Haus wieder in Volkseigentum umgewandelt und die Oma konnte wieder einziehen. So endete dieser imperialistische Handstreich glücklich für alle Beteiligten. Und wenn die Mauer nicht gefallen wär, so lebten sie noch heute dort.